7.1 Diagnostik

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Diagnostik

Die Diagnostik von ADHS sollte immer von einem qualifizierten Facharzt, wie einem Kinder- und Jugendpsychiater oder einem auf ADHS spezialisierten Arzt, durchgeführt werden. Diese Fachkräfte haben die nötige Erfahrung, um eine fundierte Diagnose zu stellen.

Kriterien

ADHS-Diagnosen beruhen auf spezifischen Kriterien, die in den Diagnosemanualen ICD-10 und DSM-5 definiert sind.

Die Verhaltensmuster müssen mindestens sechs Monate bestehen und deutlich vom normalen Entwicklungsstand des Kindes abweichen.
Der Diagnostikprozess umfasst verschiedene Schritte
Ein detaillierter Überblick zu den Diagnosekriterien ist auf unserer Website zu finden.
  • Anamnese
    Erhebung der Krankengeschichte
  • Beobachtungen und Fragebögen
    Diese werden häufig auch von Eltern oder Lehrern ausgefüllt
  • Medizinische Untersuchungen
    Um andere Ursachen auszuschliessen
Anamnese
Die Anamnese ist der zentrale Bestandteil der ADHS-Diagnostik und wird häufig über mehrere Sitzungen hinweg durchgeführt. Dabei bezieht sich das Gespräch sowohl auf die aktuelle ADHS-Symptomatik des Patienten oder der Patientin als auch auf weitere relevante Auffälligkeiten oder Probleme, die im Familienumfeld, in Bildungseinrichtungen wie Kindergarten oder Schule, am Arbeitsplatz oder im Freizeitbereich auftreten.
Im Rahmen dieser umfassenden Erhebung wird nicht nur geprüft, ob die Kriterien für eine ADHS-Diagnose erfüllt sind, sondern es wird auch eine Differenzialdiagnose durchgeführt. Hierbei überprüft der Untersucher, ob andere Störungen oder Erkrankungen als Ursache der beschriebenen Symptome infrage kommen könnten, um eine klare Abgrenzung zu treffen. Wichtige Aspekte in diesem Prozess sind die Familiengeschichte, die frühkindliche und schulische Entwicklung sowie das soziale Umfeld der betroffenen Person.
Vor allem bei Kindern und Jugendlichen ist, mit Zustimmung der Eltern, ein Gespräch mit Lehrern oder Erziehern von großem Nutzen. Diese Bezugspersonen können wichtige Einblicke in das Verhalten und mögliche Schwierigkeiten der Kinder und Jugendlichen im Alltag geben. Zusätzlich können andere Angehörige oder nahestehende Personen befragt werden, um ein umfassenderes Bild der Situation zu erhalten.
Nach der Anamnese kann der Untersucher weitere notwendige diagnostische Schritte anordnen, um eine fundierte Diagnose zu gewährleisten. Dazu gehören in manchen Fällen neuropsychologische Tests oder andere medizinische Untersuchungen, die helfen, die Diagnose weiter zu untermauern oder andere mögliche Ursachen auszuschliessen.
Dieser strukturierte Ansatz sichert eine umfassende Diagnose und gewährleistet, dass die Behandlungsstrategie individuell und wirksam gestaltet werden kann.
Verhaltensbeobachtung
In der Diagnostik von ADHS bei Kindern und Jugendlichen spielt die Verhaltensbeobachtung während der Untersuchung eine zentrale Rolle. Der Untersucher gewinnt durch direkte Beobachtungen in der Untersuchungssituation wertvolle Eindrücke davon, wie sich das Kind in einer strukturierten Umgebung verhält. Dabei wird besonders auf typische ADHS-Symptome wie Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit geachtet. Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass diese Symptome nicht immer eindeutig in der Untersuchungssituation auftreten, vor allem bei älteren Kindern und Jugendlichen, die ihre Verhaltensweisen möglicherweise besser kontrollieren können.
Um ein umfassenderes Bild des Verhaltens zu erhalten, setzen Untersucher bei jüngeren Kindern häufig Spielsituationen ein, die das Kind entspannen und gleichzeitig ermöglichen, spontane Verhaltensweisen zu beobachten. Diese spielerischen Elemente helfen, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen und erlauben es dem Untersucher, das Verhalten des Kindes genauer zu analysieren.
In bestimmten Fällen wird die Verhaltensbeobachtung durch Einblicke in die alltägliche Umgebung des Kindes ergänzt. Diese Informationen können durch Videoaufnahmen aus dem häuslichen Umfeld oder durch Beobachtungen im schulischen Kontext gewonnen werden. Solche Beobachtungen in natürlichen Situationen sind besonders wertvoll, da Kinder oft authentischer agieren und bestimmte Verhaltensmuster, die in der Untersuchungssituation nicht auftreten, hier besser erkennbar sind.
Zusammenfassend stellt die Verhaltensbeobachtung ein wichtiges Instrument dar, um die Diagnose von ADHS fundiert zu unterstützen. In Kombination mit Anamnesegesprächen, Fragebögen und weiteren diagnostischen Methoden liefert sie ein möglichst vollständiges Bild über die individuellen Symptome und Verhaltensweisen des Kindes.
Testpsychologische Untersuchung
Testpsychologische Untersuchungen werden häufig im Rahmen einer umfassenden Untersuchung von ADHS eingesetzt. Sie dienen entweder der Überprüfung des Entwicklungsstandes oder der Intelligenz oder auch einzelner Fertigkeiten (z.B. des Lesens, Schreibens oder Rechnens) oder auch der Konzentrationsfähigkeit und Impulsivität des Kindes oder Jugendlichen.
Eine Überprüfung des Entwicklungsstandes und der Intelligenz ist oft notwendig, weil Kinder und Jugendliche, die schulisch überfordert sind, häufig mit ADHS-Symptomen reagieren. In seltenen Fällen können ADHS-Symptome auch auf schulische Unterforderung bei besonders begabten Kindern oder Jugendlichen hinweisen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen können genutzt werden, um die optimale Beschulung und Förderung des Kindes zu bestimmen.
Kinder mit ADHS haben häufig auch Probleme in einzelnen schulischen Fächern, deshalb ist neben der Intelligenzdiagnostik häufig auch eine Überprüfung einzelner schulischer Fertigkeiten notwendig. Tests zur Überprüfung der Konzentrationsfähigkeit und Impulsivität von Kindern und Jugendlichen können ergänzend durchgeführt werden, um weitere Hinweise auf entsprechende Symptome zu bekommen. Mitunter zeigen solche Tests jedoch keine Auffälligkeiten, obwohl die Symptome in der Schule oder bei den Hausaufgaben häufig vorkommen. Deshalb müssen diese Testergebnisse auch sehr vorsichtig interpretiert werden.
Fragebögen
Fragebögen, die auf den diagnostischen Kriterien des DSM-IV basieren, spielen eine wichtige Rolle in der Diagnostik von ADHS und dienen als Ergänzung zum klinischen Gespräch. Sie werden genutzt, um Verhaltensauffälligkeiten wie Konzentrationsprobleme, Impulsivität und Hyperaktivität systematisch zu erfassen. Auch Stärken und Ressourcen der betroffenen Person können durch diese Fragebögen sichtbar gemacht werden, was in der Therapieplanung eine wertvolle Information darstellt.
Diese Fragebögen sind für unterschiedliche Bezugspersonen ausgelegt – für Eltern, Erzieher, Lehrer, den Patienten selbst sowie für ältere Kinder und Jugendliche. Durch den Einsatz von Selbst- und Fremdbeurteilungsbögen wird die Perspektive der unterschiedlichen Beteiligten berücksichtigt. Die Antworten in den Fragebögen helfen dem Untersucher, spezifische Symptome zu identifizieren und im Gespräch gezielt nachzuhaken. So können bestimmte Verhaltensweisen, die im Fragebogen als auffällig bewertet wurden, vertieft werden.
Zur Auswertung der Fragebögen wird oft mit Normen gearbeitet. Diese Normwerte basieren auf statistischen Daten und dienen dem Untersucher als Vergleichsgrundlage. So kann er etwa das Verhalten eines elfjährigen Kindes mit typischen Einschätzungen anderer Mütter von Elfjährigen vergleichen. Liegen die Antworten der befragten Mutter deutlich über den Durchschnittswerten, könnte dies auf ein erhöhtes Problemverhalten hindeuten, das in die ADHS-Diagnostik einfliesst.
Insgesamt bieten diese Fragebögen eine standardisierte und objektivierte Möglichkeit, Verhaltensmuster zu erkennen und mit den typischen Reaktionen zu vergleichen. Sie stellen eine wertvolle Ergänzung dar, um die Diagnose von ADHS umfassender und fundierter zu gestalten.
Körperliche Untersuchung
Eine vollständige diagnostische Abklärung von ADHS umfasst neben Verhaltensbeobachtungen und Befragungen auch eine körperliche Untersuchung des Kindes oder Jugendlichen. In diesem Rahmen wird die Seh- und Hörfähigkeit überprüft, um mögliche Wahrnehmungseinschränkungen auszuschließen, die zu ADHS-ähnlichen Symptomen führen könnten. Eine kurze neurologische Untersuchung stellt sicher, dass keine anderen neurologischen Ursachen für die beobachteten Verhaltensauffälligkeiten verantwortlich sind.
Diese körperliche Abklärung hilft also, alternative körperliche oder gesundheitliche Gründe für die Symptome auszuschließen. Neben der Seh- und Hörüberprüfung können auch frühere körperliche Erkrankungen und deren mögliche Auswirkungen auf das aktuelle Verhalten des Kindes untersucht werden. Falls notwendig, kann der Arzt zusätzlich eine Ableitung eines EEGs (Hirnstrombild) durchführen, um etwaige neurologische Auffälligkeiten zu erkennen.
Ebenso kann ein EKG (Herzuntersuchung) angeordnet werden, um das Herz-Kreislauf-System zu überprüfen, vor allem in Hinblick auf eine medikamentöse Behandlung, die bei ADHS häufig zum Einsatz kommt und möglicherweise Herzrhythmusstörungen beeinflussen könnte.
Diese umfassende Untersuchung ist ein wesentlicher Bestandteil des diagnostischen Prozesses, um sicherzustellen, dass ADHS präzise diagnostiziert wird und andere physische Ursachen für die Symptome ausgeschlossen werden können. So gewährleistet sie eine fundierte Grundlage für eine mögliche Behandlung und Beratung der betroffenen Person sowie ihrer Angehörigen.
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